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CURSOR: AVU Netz setzt auf Effizienz und Kundenorientierung

Die Anreizregulierung zwingt Strom- und Gasnetzbetreiber, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren und so Kosten zu reduzieren. Intelligente IT-Instrumente eröffnen die notwendigen Hand- lungsspielräume. Die AVU Netz GmbH in Gevelsberg hat zu die- sem Zweck ein modernes, CRM-basiertes Netzmanagementsys- tem implementiert. Die neue Lösung passt zur Philosophie des Unternehmens, das ganz auf Vertriebsorientierung und Dienst- leistungsdenken setzt. Sie soll die Prozessfitness nachhaltig stei- gern und Mitarbeiter in die Lage versetzen, künftig auch netzna- he Dienstleistungen zu vermarkten.

Die AVU in Gevelsberg hat in der Versorgungsbranche den Ruf eines innovativ agierenden Dienstleisters. Dies mag der Not- wendigkeit geschuldet sein, dass ein nicht zu den größten der Branche zählendes EVU pfiffig sein muss, um sich im Wettbe- werb behaupten zu können. Beflügelnd wirkt möglicherweise auch, dass die Menschen im Versorgungs- und Netzgebiet der AVU an der Nahtstelle zwischen Bergischem Land, Sauerland und Ruhrgebiet positive Eigenschaften dreier „Kulturen“ auf sich vereinen. Fortschrittliches Denken ist bei der AVU Netz GmbH (siehe Textkasten) etwa daran abzulesen, dass man – obwohl de facto im Besitz eines Monopols – von Netzkunden spricht, und dass sich explizit ein Vertrieb um diese Kunden kümmert. Und damit dieses Kümmern auch praktisch funktioniert, setzen die Gevelsberger als eines der ersten Unternehmen bundesweit auf ein speziell für Netzanforderungen entwickeltes Arbeitsin- strument: TINA, die Informations- und Kommunikationsplatt- form für Verteilnetzbetreiber von Cursor.

Netzdienstleister mit Vertriebsphilosophie

Die Vertriebsorientierung der AVU Netz GmbH ist kein Zufall. Michael Decker und Thomas Studinski, die das Einführungspro- jekt der neuen Netzmanagement-Lösung an verantwortlicher Stelle begleitet haben, bezeichnen sich als „alte Vertriebsleute“. Beide haben zuvor für die AVU Energie verkauft. „Das Service- denken steckt einem natürlich immer noch im Blut“, bekennt
M. Decker. Kundennähe, Kundenfreundlichkeit und Schnelligkeit lauten typische Maximen, die sich die Gevelsberger auf die Fah- nen geschrieben haben. Dass man sich hier von anderen Netz- betreibern unterscheide, lasse sich schon am Echo der Markt- partner ablesen. „Die Installateure beispielsweise freuen sich natürlich, wenn Kommunikation und Zusammenarbeit mit uns vergleichsweise reibungslos funktionieren.“ Doch das ist eher ein Randaspekt, langfristig wirken mehrere handfeste Vorteile.

Selbstredend arbeitet die AVU Netz GmbH gegenüber allen im Netzgebiet tätigen Vertrieben diskriminierungsfrei. Dennoch strahlt das positive Image des Netzdienstleisters zweifellos auch auf den Vertrieb des gleichnamigen Stammhauses zurück. Mit ihren auf Service getrimmten Prozessen verschafft sich die AVU Netz GmbH darüber hinaus beste Voraussetzungen für den Ein- stieg in den Markt für netznahe Dienstleistungen im nicht regu- lierten Umfeld. Potenzielle Betätigungsfelder sind beispielsweise Bau, Wartung und/oder Betrieb von Netz- und Schaltanlagen in Industriebetrieben. Die Optimierung der Prozesse durch TINA steht selbstverständlich auch unter dem Gebot, zunehmend an- spruchsvolle Regulierungsanforderungen und den damit verbun- denen Prozessmehraufwand zu bewältigen. Letztlich gilt es, die Kosten zumindest zu deckeln, wenn möglich sogar zu minimie- ren.

Mit der Eigenentwicklung Havis (“Hausanschluss-Vertriebsinfor- mationssystem“) hat die AVU seit 1996 gearbeitet. Mit der auf Oracle-Basis arbeitenden Software wurden alle Geschäftspro- zesse gesteuert, die mit der Angebotserstellung bei Hausan- schlüssen zu tun hatten. Schon 2000 sollte Havis durch eine Standard-Lösung abgelöst werden, doch die habe bei weitem nicht die notwendige Anwenderfreundlichkeit des hauseigenen Werkzeugs geboten, so M. Decker. Mit den im Laufe der Jahre steigenden Marktanforderungen wuchs der Handlungsdruck, sich neu zu orientieren. So war Havis nur für Hausanschlüsse, also Niederspannungskunden ausgelegt. Mittel- und Hochspannungs- kunden sowie Gas-Druck und Regelanlagen wurden in Handak- ten (Angebotsschreibung über Word) verwaltet. Als neue Anfor- derung, die insbesondere in jüngerer Vergangenheit enorm an Gewicht gewonnen hat, kam die Betreuung und Verwaltung einspeisender EEG- und KWK-Anlagen hinzu. Schließlich war die Altlösung auch nicht geeignet, papierlose Geschäftsprozesse durchgängig zu unterstützen.

Dass die Entscheidung zugunsten der Giessener Cursor Soft- ware AG fiel, hat maßgeblich damit zu tun, dass der AVU-Ver- trieb bereits seit 1995 mit deren CRM-Lösung EVI arbeitet. „Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht“, erinnert sich T. Stu- dinski. „Da lag es nahe, sich das Netzprodukt des bewährten Partners näher anzuschauen. Die Präsentation hat überzeugt, die Lösung passte optimal.“

Überzeugende Vorteile neuer Funktionsmöglichkeiten

Die Implementierung der neuen Lösung dauerte dann länger als geplant. Bei AVU Netz gab es zunächst die Erwartungshaltung, dass die neue Lösung eine Art modernes Havis sein müsste. Da- her gab es Verständigungsprobleme zwischen den Projektpart- nern über die Umsetzung der Anforderungen. Mit dem Einstieg von Markus Keil als verantwortlichem Cursor-Consultant im Ok- tober 2009 bekam das Projekt den entscheidenden frischen Wind in die Segel. „Nicht zuletzt mit Blick auf die positiven Er- fahrungen anderer Referenzen gelang es, den Verantwortlichen in Gevelsberg die Vorteile des modernen Datenmodells und der darauf basierenden Funktionsmöglichkeiten praxisnah darzustel- len.“

Zudem galt es Barrieren bei der Datenübernahme zu überwin- den. Zunächst war festzulegen, welche Daten importiert werden sollten. „Hier mussten wir einen Kompromiss finden zwischen den Wünschen, die ich als Vertriebler habe, und dem sinnvoll Machbaren“, erläutert M. Decker. „Welche Angebote überneh- men wir mit den Volldaten? Erfahrungsgemäß müssen wir auch ältere Angebote einsehen können, ab 1980 möglichst auch die Preise.“ Als Hindernis erwiesen sich zudem die verschiedenen hinterlegten Datenstrukturen, Havis operierte beispielsweise mit mehreren Einzeldatenbanken. Deshalb wurden die Daten aus Havis und SAP IS-U in mehreren Schritten importiert und abge- glichen. Diese Datenübernahme ist noch nicht komplett abge- schlossen, auch müssen noch kleine Fehler beseitigt werden.

Bereichsübergreifendes Informationsmanagement

Nach einem fulminanten Projektendspurt konnte TINA am
25. Februar 2010 in den Produktivbetrieb übernommen werden. Das gesamte Netzanschlusswesen wird seitdem mit der neuen Software gesteuert. Das heißt, Anfragen entgegennehmen, kal- kulieren, planen und Angebote schreiben – und zwar für Netz- kunden aller Spannungsebenen sowie sämtliche Netzanschlüsse in den Sparten Gas und Wasser. Zu den großen Vorteilen der neuen Netzmanagementsoftware zählt, dass alle Mitarbeiter Zugriff auf eine einheitliche und vollständige Informationsbasis haben. In der Vergangenheit sei es mitunter schwierig gewesen, die Arbeit der verschiedenen Fachbereiche zu koordinieren, erinnert sich M. Decker. Nun sind alle beteiligten Mitarbeiter sparten- und ressortübergreifend über den Baufortschritt und alle wichtigen Projektdetails informiert. Alle vertraglichen Details der Verträge inklusive Kalkulation sind dokumentiert und kön- nen eingesehen werden. Und natürlich – auch das ein bemer- kenswerter Fortschritt – kann man sich in der Kontakthistorie über den Kunden und das Projekt informieren: Gab es Be- schwerden? Auf was ist wo oder bei wem besonders zu beach- ten?

Ein technisches Schmankerl, das ebenfalls der Prozessdigitali- sierung und damit der Optimierung insgesamt dient, ist die Übertragung bestätigter Netzanschlussaufträge von TINA zur Abrechnung ins SAP-System per Web-Service. Diese Daten- übertragung wird allerdings erst dann komplett frei geschaltet werden, wenn im SAP-System der AVU die Mandantentrennung vollzogen sein wird. Laut Plan soll das bis Oktober 2010 erledigt sein. In der Vergangenheit mussten diese Abrechnungsdaten manuell erfasst werden, was umständlich und fehleranfällig war. Insbesondere von dieser Funktion erhofft man sich bei der AVU Netz GmbH einen erheblichen Zeitgewinn. Th. Studinski hält schätzungsweise 30 % Einsparung für realistisch.

Seit dem Produktivstart werden neue Daten und Informationen bei der AVU Netz GmbH ausschließlich in TINA erfasst. Im Netz- vertrieb ist es mittlerweile das zentrale Arbeitsinstrument. Havis läuft noch im Hintergrund, quasi als Infobank während des Übergangs. „Je mehr Übung wir mit TINA bekommen, desto stärker können wir das Altsystem zurückfahren“, freut sich M. Decker. „Ich jedenfalls schaue kaum noch hinein.“ Erst wenn die Datenbasis in TINA komplettiert sein wird, soll der endgültige Schnitt gemacht und das alte System abgeschaltet werden.

Die Qualität der Arbeit profitiert

Nach Realisierung des Berechtigungskonzeptes für die Mitarbei- ter der Betriebsstellen – ebenfalls geplant bis Mitte Oktober 2010 – werden im Endausbau rund 20 Personen mit der neuen Netzprozessmanagementlösung arbeiten. Vertrieb, Planung und Abrechnung der AVU Netz GmbH nutzen sie schon heute in vol- lem Umfang. Die Akzeptanz wächst täglich: „Jetzt macht es wirklich Spaß, mit TINA zu arbeiten, weil viele Dinge möglich sind, die das alte System nicht konnte und von denen die Qua- lität unserer Arbeit profitiert, beispielsweise durch das einfache Hinzufügen von Dokumenten oder die papierlose Angebots- übertragung“, freut sich M. Decker. „Wir haben außerdem ein umfassendes Bild von unseren Kunden, können sie dadurch besser ansprechen und schneller bedienen. Die Arbeitsprozesse laufen selbst dann reibungslos weiter, wenn ein Mitarbeiter krank oder im Urlaub ist.“ So seien Netz und Kunden stets in guten Händen.

Abgeschlossen ist ein Software-Projekt bekanntlich nie, so auch in diesem Fallbeispiel. Einerseits muss an einigen Stellen nach- justiert und ergänzt werden, etwa bei der Vervollständigung der Datenbasis oder der Schaffung von komfortablen Auswertungs- funktionen. Andererseits gilt es weitere Anforderungen umzuset- zen, wie die Integration der Betreiber von EEG- und KWK-Anla- gen, bisher papierbasiert organisiert. Auch darüber hinaus be- trachtet M. Decker das Projekt als längst noch nicht beendet. „Wir wären ein schlechter Vertrieb, wenn wir jetzt stehen blei- ben und uns auf dem Erreichten ausruhen würden. Deshalb gehe ich davon aus, dass es weitere Projekte geben wird, auch abhängig davon, was der Gesetzgeber verlangt. Netzbetreiber werden künftig grundsätzlich noch mehr Manpower einsparen müssen. Das bedeutet, wir müssen unsere Arbeit immer effi- zienter gestalten, die Abläufe noch stärker vereinfachen. Das war letztlich der ausschlagebende Grund, ein neues Manage- mentsystem einzuführen.“

Die weitere Optimierung wird bereits geplant – beispielsweise die Integration des Geoinformationssystems (GIS) in TINA, wie sie etwa die ovag Netz AG in Friedberg realisiert hat. Die AVU Netz GmbH verfügt über einen Location Viewer, der einen Ein- blick auf das im GIS abgespeicherte Planwerk inklusive Jahres- durchsatz des betroffenen Objektes erlaubt und der auch das Redlining ermöglicht, also das Einzeichnen geplanter Leitungen. Über eine Integration dieses häufig genutzten Werkzeugs habe man bei AVU Netz durchaus schon nachgedacht, bestätigt T. Studinski. Man wolle jedoch das Team nicht überlasten und Schritt für Schritt, Stufe für Stufe das System optimieren.

Netzdienstleistungen im Ennepe-Ruhr-Kreis

Die AVU Netz GmbH in Gevelsberg ist ein 100%iges Tochterun- ternehmen der AVU Aktiengesellschaft für Versorgungs-Unter- nehmen und verantwortlich für Netzanschlüsse, Planung, Be- trieb, Wartung und Ausbau der Verteilnetze in den Sparten Strom, Gas und Wasser. Die 2007 gegründete Gesellschaft ist Netzdienstleister für 220.000 Menschen in sieben Städten des Ennepe-Ruhr-Kreises. 102.000 Haushalte erhalten über die AVU- Netze Strom, 28.000 Trinkwasser und 38.000 Erdgas. Die AVU Netz GmbH zählt 14 Mitarbeiter, die den diskriminierungsfreien Netzzugang gewährleisten.

www.cursor.de
www.avu-netz.de

Erschienen in ew - das magazin für die energie wirtschaft, Heft 20/2010